Vom Kuhdorf zum KoDorf: Zukunft wird auf dem Land gemacht!

Beim ersten touch.point-Livetalk stand das Thema „THE NEW CULTURE OF LIVING AND WORKING“ im Mittelpunkt. Welche neuen Arbeits- und Lebensformen haben sich nach Corona etabliert. Welche Chancen entstehen dabei für den ländlichen Raum in Kärnten?

Vor Corona galt es noch als Binsenweisheit: Die Städte werden weiter wachsen während Dörfer schrumpfen. Laut einer aktuellen Studie der FH Kärnten werden bis 2050 rund 23.000 Kärntnerinnen und Kärntner das Bundesland verlassen. Ein Umstand den denk.süd aufgegriffen und näher beleuchtet hat. Beim ersten Livetalk mit dem Thema THE NEW CULTURE OF LIVING AND WORKING wurde dazu intensiv diskutiert.

Kuhdorf? KoDorf!
Spätestens seit Corona ist aber auch klar: Auch das Gegenteil ist denkbar. Die Provinz wird für eine wachsende Zahl von Menschen zum Sehnsuchtsort — zum Refugium, in dem man Kraft tanken, die Natur genießen und sich Lebensqualität leisten kann. Erwiesen ist die Sehnsucht nach Bergen und intakter Umwelt. Kärnten ist prädestiniert dafür. Das gilt speziell für Menschen, die in echten Großstädten wie Wien, München, Frankfurt oder Berlin leben.

Die naheliegende Frage: Was hält die Menschen noch in dem Moloch, unter dem sie leiden? Eine mögliche Antwort: Die Stadt ist nicht nur freie Wahl, sie ist Notwendigkeit. Hier sind die Arbeitsplätze, hier sind die Freunde, hier ist Bildung, Kultur, Gemeinschaft, Lebensstil zu Hause, den selbst diejenigen nicht ablegen können, die es in vielen Momenten eigentlich gerne würden.

Frederik Fischer aus Berlin, Gründer der deutschlandweiten Initiative KoDorf, erklärt dazu: „Vielleicht müssen wir uns schon bald gar nicht mehr entscheiden zwischen Stadt und Land. Tatsächlich entwickeln sich seit wenigen Jahren fast überall in Deutschland, aber auch bereits in Österreich, die Voraussetzungen für urbanes Leben. Der ländliche Raum ist bei Großstädtern wieder in. Eben genau wegen den Möglichkeiten ortsunabhängig zu arbeiten!“ Zahlen belegen das. Allein um Berlin sind laut „Kreativorte Brandenburg“ in den letzten Jahren über ein Dutzend Coworking-Spaces im ländlichen Raum entstanden. Sie locken Freelancer und Firmen in die Provinz. Ihr Wachstum beweist, dass es einen Bedarf gibt für ein anderes Leben. Neben dem Coworking etabliert sich dabei auch ein Trend zum Coliving.

Welche Chancen entstehen für den ländlichen Raum?

Besonders für die Immobilienwirtschaft tun sich Chancen in der Provinz auf. Es müssen geeignete Flächen für Coliving-Projekte gefunden bzw. geschaffen werden. Leerstände können so vollkommen neu adaptiert und genutzt werden.

Und genau hier liegt aber auch die Herausforderung für Kärnten: Bei der Mobilität und auch beim Ausbau des Breitband-Internet wird vieles versucht bzw. angekündigt. Es fehlt jedoch an weiterführenden Ideen, wie man diese Infrastruktur-Offensive auch nachhaltig bewirtschaftet bekommt. Denn eines ist klar: Anbieter von Coliving-Angeboten, allen voran die Kommunen, müssen sich den Anforderungen ihrer Zielgruppe anpassen. Da reicht es nicht, einfach nur die Taktung von Buslinien ein wenig zu erhöhen. Ein umfassendes Verständnis der Bedürfnisse von Coliving-Zielgruppen ist notwendig! Denn es sind keine Utopien, die so manch ein Wohnhaus im Grünen in einen funktionierenden Coworking- oder Coliving-Space verwandeln. Die Zukunft der neuen Lebensformen am Land ist bereits Realität. Zumindest zeigt es uns unser Nachbarland schon einmal vor. Ein ausführliches Gespräch mit Frederik Fischer lesen Sie auf www.denk-sued.at.

 

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