Stabile Konjunkturentwicklung im Kärntner Einzelhandel

Für den Kärntner Handel lief das erste Halbjahr 2019 umsatzmäßig gut. Die zunehmende Digitalisierung, das neu geplante Raumordnungsrecht sowie die Förderungen der heimischen Nahversorger sind die vorherrschenden Themen der Branche.

Als sehr kundennahe Branche bekommt der Handel leiseste Konjunkturveränderungen recht rasch zu spüren. Nach einem eher verhaltenen Wachstum im Vorjahr ist ein konjunktureller Aufwärtstrend im Kärntner Handel zu verzeichnen. Die Umsätze des stationären Einzelhandels sind im ersten Halbjahr 2019 um 1,7 Prozent gestiegen, die Anzahl der unselbstständig Beschäftigten im Einzelhandel hat sich um 0,2 Prozent erhöht. Über ein Drittel der Einzelhandelsgeschäfte erzielte Umsatzsteigerungen, 34 Prozent melden eine stabile, 28 Prozent eine rückläufige Umsatzentwicklung. Spartenobmann Raimund Haberl: „Der Kärntner Handel ist die zweitgrößte Branche und schafft mehr als 42.000 Arbeitsplätze. Davon sind 20.700 unselbstständig beschäftigt und 1200 Lehrlinge werden derzeit ausgebildet. Wir rechnen mit einer stabilen Konjunkturentwicklung in den nächsten Monaten. Die umsatzstärkste Zeit steht uns ja noch bevor. Generell ist die Phase der Hochkonjunktur allerdings vorbei, daher ist die Politik in der Raumordnung und bei der Nahversorgung gefordert.“

Wie Karin Gavac von der KMU Forschung Austria erklärte, ist die Umsatzentwicklung in Kärnten besser als im Österreichvergleich. Immerhin verzeichnet der stationäre Einzelhandel in Kärnten im ersten Halbjahr 2019 Nettoumsätze in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro (exkl. Ust) bzw. Bruttoumsätze von rund 2,2 Milliarden Euro (inkl. Ust). Das sind 1,7 Prozent – der Österreichschnitt liegt bei einem Prozent. Gavac: „Besonders für den Lebensmitteleinzelhandel, der ein Drittel der Umsätze einnimmt, ist es gut gelaufen. Aber auch die Baumärkte und Modehändler konnten ihre Umsätze steigern.“ Es ist weiterhin so, dass die Preissteigerung im Einzelhandel mit einem Prozent deutlich unter der allgemeinen Inflationsrate (VPI) von 1,7 Prozent liegt.

Digitalisierung im Handel
Beherrschendes Thema im Handel ist nach wie vor der Trend zum Onlineshopping. „Unsere Betriebe sind von der Digitalisierung betroffen wie keine andere Branche, dafür bieten wir ein umfangreiches Serviceprogramm für die Händler“, unterstrich Haberl. Er hob besonders die „Top of Webshop“-Gala am 20. November hervor, die erfolgreiche Online-Projekte auszeichnet. Haberl: „Damit holen wir jene vor den Vorhang, die solche Konzepte schon erfolgreich umgesetzt haben, und schaffen Bewusstsein bei denen, die sich noch nicht intensiv damit beschäftigt haben.“ In Kärnten gibt es derzeit etwa 3500 Ladengeschäfte und 400 Online-Shops. „Der Erfolg zeichnet sich als Mischform ab: Die Leute bestellen online, aber holen die Ware im Geschäft ab. Sie wollen ein Gesicht vor sich haben, nicht eine Bestellbestätigung per E-Mail.“

Neustrukturierung der Raumordnung
An die Politik richtete Haberl einmal mehr die Forderung nach einer Neustrukturierung der Raumordnung, denn es gehe um die Zukunft des Handels in den Innenstädten und Ortskernen: „Dort braucht es einen Mix aus Handel, Gastronomie und kulturellen Angeboten, um für Bewohner und Touristen attraktiv zu sein.“ Das neu geplante Raumordnungsrecht versucht die bestehenden Probleme wie große Baulandreserven, fehlende Baulandmobilität, starke Zersiedelung der Landschaft und ausufernde EKZ-Widmungen außerhalb von Siedlungsschwerpunkten in den Griff zu bekommen. Allerdings sieht Haberl eine große Problematik in der geplanten Orts- und Stadtkernregelung: „Die geplante Möglichkeit, in jeder Gemeinde innerörtliche Orts- und Stadtkerngebiete festzulegen, in denen uneingeschränkt Einkaufszentren errichtet werden dürfen, widerspricht der Intention des Landes, die zentralen Orte und ihre zentralräumlichen Versorgungsaufgaben zu stärken. Dieser Vorschlag gefährdet die bestehende Nahversorgung ganzer Talschaften und Regionen.“

EKZ: Wildwuchs droht
Im Gegensatz zu den derzeit festgelegten 33 zentralen Orten würden durch den vorliegenden Entwurf weitere 99 Gemeindezentren entstehen, in denen uneingeschränkt Einkaufszentren errichtet werden dürfen. Die Wirtschaftskammer befürchtet nun, dass viele Bürgermeister und Gemeinden den Versuchungen und Angeboten von Projektentwicklern nicht widerstehen würden können und die Orts- und Stadtkerne so definieren würden, dass die Errichtung von neuen EKZ möglich wäre. „Im Fokus sind Gemeinden in verkehrstechnisch günstigen Lagen, wo durch die geschickte Ausweisung eines Ortskerns und die folgende Errichtung großer Lebensmitteleinkaufszentren mit mehr als 1000 Quadratmetern Verkaufsfläche die bestehende Nahversorgung gefährdet wäre“, so der Sprecher der Kärntner Händler.

Wiedereinführung der Nahversorgerförderung
Für die Wiedereinführung der Nahversorgungsförderung sprach sich erneut Spartengeschäftsführer Nikolaus Gstättner aus: „Kärnten ist das einzige Bundesland in Österreich ohne eine solche Unterstützung. Es geht um die Förderung der ländlichen Gebiete und die notwendige Unterstützung der Unternehmer, die die letzten Arbeitsplätze sichern.“ Regionale Wirtschaftskreisläufe müssen in Schwung gehalten werden. Eine Nahversorgerförderung löst wichtige Effekte für den ländlichen Raum aus: Versorgung, Kommunikation, Identität, Arbeitsplätze, Kommunalabgabe etc.

Um die wichtige Rolle der regionalen Nahversorger hervorzuheben und das Bewusstsein dafür bei der Bevölkerung zu schärfen, startete die Wirtschaftskammer Kärnten Ende September die Heimkaufen-Kampagne für Kaufleute. Im Mittelpunkt stehen selbstständige Kaufleute, die Arbeitsplätze schaffen und dadurch Einkommen und Wohlstand für den Lebensstandort Kärnten sichern. Die teilnehmenden Unternehmer werden vier Wochen auf einem 16-Bogen-Plakat in deren Ortschaft abgebildet sowie in Print- und Onlinemedien vermarktet. Die Kampagne läuft noch bis 27. Oktober 2019. Alle Informationen unter: www.heimkaufen.at

Foto: WKK/Fritzpress