Lohnnebenkosten entrümpeln!

Also sprach Barbara Blaha, Chefin des linken Momentum-Instituts, in einem Zeitungskommentar: „Die Kürzung bei ‚Lohnnebenkosten‘ erhöht vor allem Unternehmensgewinne, landet also in der Tasche der reichsten zehn Prozent. Denn sie sind es, die den Löwenanteil der Unternehmensgewinne einstreifen.“

Gehören Sie auch zu jenen Unternehmerinnen und Unternehmern, die die fetten Gewinne „einstreifen“? Nicht? Seien Sie nicht traurig. Ich habe in bald zwei Jahrzehnten als Vorsitzende von Frau in der Wirtschaft, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer und später Direktorin des Wirtschaftsbundes schon wirklich viele Betriebe zwischen Heiligenblut und Lavamünd persönlich kennengelernt – aber von den „reichsten zehn Prozent“ habe ich dort kaum jemanden getroffen. Allerdings waren so gut wie alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die mir begegnet sind, ausgesprochen hart arbeitende, einfallsreiche und mutige Menschen, die mit aller Kraft versuchen, zwischen den erdrückenden Kosten noch ein paar Krümel Gewinn zu entdecken, um persönlich und mit der Firma weitermachen zu können. Vielleicht ist es das, was Frau Blaha mit „einstreifen“ meint.

Die Aufregung ist groß, seitdem ÖVP-Bundeskanzler Nehammer es gewagt hat, das L-Wort auszusprechen: Die Lohnnebenkosten seien zu hoch, würden – in unheiliger Allianz mit den Energiekosten – die Wettbewerbsfähigkeit untergraben und müssten gesenkt werden. „Sozialabbau!“, schallt es seitdem von links. Vielleicht hilft ein Blick auf die Fakten:

Nur in 3 von 38 OECD-Staaten verbleibt den Mitarbeitenden noch weniger als in Österreich. Die Lohnnebenkosten verdoppeln in etwa die Kosten der aktuellen Rekord-Lohnabschlüsse: Steigt der Bruttolohn von 3.000 auf 3.300 Euro, erhöht sich der Nettolohn nur um 172 Euro, die Kosten für den Arbeitgeber aber um 388 Euro pro Monat. Eine dermaßen absurd hohe Abgabenbelastung gibt es sonst nur auf Güter, die der Staat reduzieren will: Alkohol, Tabak, Mineralöl. Das wirkt auch beim Faktor Arbeit: Immer weniger Menschen wollen Vollzeit arbeiten, und unsere Betriebe suchen händeringend Leute.

Dabei ist es für mich keine Frage, dass sich Arbeitgeber und Mitarbeiter auch künftig die Beiträge zur Gesundheits- und Pensionsversicherung teilen, die einen großen Teil der Lohnnebenkosten ausmachen. Bei genauerer Betrachtung findet man unter diesem Titel aber auch den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), aus dem der Staat die Familienbeihilfe bezahlt und der jährlich – siehe da! – Überschüsse aufweist: 2024 etwa werden es 186 Mio. Euro sein, für 2025 werden 316 Mio. Euro prognostiziert. (Wer jetzt glaubt, Überschüsse würden an die Unternehmen rücküberwiesen, der irrt gewaltig: Was liegt, das pickt!). Dabei ist die Grundsatzfrage m.E. durchaus zulässig, warum die Förderung von Familien offenbar ausschließlich Aufgabe der Unternehmer ist – und kein gesamtgesellschaftliches Anliegen.

Aber es gibt noch weitere Ungereimtheiten: Warum beträgt zum Beispiel der – in den Lohnnebenkosten enthaltene – Arbeitslosenversicherungsbeitrag in Österreich 5,9 %, in Deutschland aber nur 2,4 Prozent? Und auch bei anderen Abzügen wie der Kommunalsteuer oder dem Wohnbauförderungsbeitrag erschließt sich nicht, welchen Bezug sie zu einem Arbeitsentgelt haben sollten.

Offensichtlich sind hingegen die Folgen von zu hohen Lohn- und Lohnnebenkosten: Österreich erwirtschaftet jeden zweiten Euro im Ausland und unser Wohlstand sinkt, wenn wir kostenmäßig mit der Konkurrenz nicht mehr mithalten können. Deshalb: Eine Entrümpelung der Lohnnebenkosten ist dringend notwendig. Wir Unternehmerinnen und Unternehmer wollen, dass sachfremde Leistungen nicht über unsere Lohnverrechnung, sondern endlich ordnungsgemäß über das Budget finanziert werden, meint Ihre

Sylvia Gstättner, Wirtschaftsbunddirektorin