Toxischer Standortcocktail

Mit Pauken und Trompeten hat die Politik das Ende des fossilen Zeitalters eingeläutet. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein, Musterschüler Österreich hat sich in gewohnter Gold-Plating-Manier vorgenommen, dieses Ziel bereits bis 2040 zu erreichen.

Schade nur, dass bundesweit weder beim dringend notwendigen Ausbau der Stromnetze noch bei der Schaffung neuer Stromerzeugungskapazitäten aus Wind und Fotovoltaik etwas weitergeht. Weil gleichzeitig der Strombedarf – Elektromobilität, Wärmepumpen, Digitalisierung – stark steigt, klettern die Strompreise gleich mit: Nicht der einzige Grund, warum der Wirtschaftsbund seit Monaten vor der Abwanderung von Investitionen, Unternehmen und ganzen Wirtschaftszweigen aus Europa warnt.

Eine aktuelle Studie von Deloitte Consulting zu „Österreichs Industrie im Wandel“ in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Wirtschaftspolitik der WKO bestätigt jetzt diese Befürchtungen: Die Attraktivität des Industriestandortes schwindet, drei von vier Unternehmen sehen die Gefahr der De-Industrialisierung in Österreich. Geplante Investitionen finden anderswo statt, Produktionen werden an günstigere Standorte verlagert. Mehr als 40 Prozent der befragten 500 Industrieunternehmen haben in den vergangenen drei Jahren bereits Maßnahmen ergriffen, um ihre Wertschöpfungskette an die verschlechterten Rahmenbedingungen in Europa und Österreich anzupassen.

Doch es sind nicht nur die Energiepreise, die Wirtschaftskraft aus Österreich vertreiben: Laut Deloitte-Studie sind auch hohe Arbeitskosten schuld daran, dass Unternehmen über Abwanderung oder Produktionsverlagerung nachdenken. Weitere Auslöser für die aktuelle Deindustrialisierungsdebatte auch in Österreich sind die enorme Regulierungswut der Bürokratie, der anhaltende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und die extremen Steuern und Abgaben; ein toxischer Cocktail, der die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe vor allem im Export killt. Als Lebens- und Wirtschaftsstandort, dessen Wohlstand in hohem Maße vom weltweiten Export abhängt, muss auch der heimischen Politik bewusst sein, wie dünn das Eis ist, auf dem wir alle stehen: Jeder 4. Steuer-Euro in Österreich kommt aus dem Export, Kärnten mit seiner traditionell hohen Exportquote verdient jeden zweiten Euro im Ausland. 70.000 Arbeitsplätze hängen hierzulande direkt und indirekt am Außenhandel.

Deshalb ist in Wahrheit völlig klar, was zu tun ist, und wir sagen es seit Jahren: Runter mit den Steuern, Abgaben und Lohnnebenkosten auf ein Niveau, das unsere Betriebe wieder konkurrenzfähig mit den weltweiten Mitbewerbern macht. Hinauf mit den Investitionen in Stromnetze, Windkraft und PV. Weg mit unnötiger Bürokratie, die oft nur der Beschäftigung eines aus dem Ruder gelaufenen öffentlichen Monsterapparates dient. Und her mit der technisch mach- und kaufmännisch verkraftbaren Energiewende, bevor sie für uns alle zur Wohlstandswende wird.

Meint Ihre,

Sylvia Gstättner