Kärntens Wirtschaft bekommt Fraunhofer-Forschungszentrum

Bündnis aus Wirtschaftsvertretern, Unternehmen und Forschungseinrichtungen wird Kärntner Klein- und Mittelbetriebe bei der Digitalisierung unterstützen.

Der Lebensstandort Kärnten ist um einen Zukunftsbaustein reicher: Das international höchst renommierte deutsche Fraunhofer Forschungsinstitut hat mit Anfang Oktober ein Innovationszentrum »Digitalisierung und Künstliche Intelligenz“ – kurz KI4LIFE – in Klagenfurt eröffnet. Ziel dieses nach Wien, Graz und Wattens mittlerweile vierten Fraunhofer-Standortes in Österreich ist die Unterstützung von vor allem kleinen und mittleren Kärntner Unternehmen bei den Herausforderungen der Digitalisierung. Dank Infineon, der Wirtschaftskammer Kärnten, der WKÖ, der IV, der Maschinenfabrik Springer, der Stadt Klagenfurt und des Landes stehen die nötigen sieben Millionen Euro für die ersten drei Jahre zur Verfügung.
Brückenschlag zwischen Forschung und Firmen

Ausschlaggebend für die überraschende Ansiedelung, die nun an der Universität Klagenfurt vorgestellt wurde, ist ein enger Schulterschluss von Infineon-Chefin Sabine Herlitschka und Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl. Dieser hatte Dieter Fellner, Fraunhofer-Institutsleiter, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria und darüber hinaus gebürtiger Kärntner, anlässlich einer Unternehmerreise beim Besuch einer Fraunhofer-Forschungsstätte vor zwei Jahren in Darmstadt kennengelernt. Fellner, per Videokonferenz aus Rostock der Pressekonferenz an der Universität Klagenfurt zugeschaltet: „Ohne den Biss von Frau Herlitschka und Herrn Mandl wäre das auch in dieser kurzen Zeit gar nicht möglich gewesen.“
Beratungsscheck für Betriebe

Die Digitalisierung stelle viele Betriebe und Regionen vor die Herausforderung, nicht den Anschluss zu verlieren, schildert Fellner das gemeinsame Ziel: „Wir machen den Brückenschlag von der Grundlagenforschung zu den KMU. Denn wir wissen aus Untersuchungen in Deutschland, dass sich zwei Drittel der Unternehmen noch gar nicht damit beschäftigen.“ Diese Hürde wird für Kärntner Betriebe nun deutlich niedriger: Pro Jahr stehen sechs Beratungsschecks für Unternehmen zur Verfügung, die aussichtsreiche Projekte in jeweils zehn Tagen Forschungsarbeit prüfen und weiterentwickeln lassen wollen.
Gekommen, um zu bleiben

Diese Analyse- und Beratungstätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen ist eine der Säulen des Tätigkeitsprofils von KI4LIFE. Weitere Schwerpunkte sind die Zusammenarbeit mit der Universität, die über den Wissensaustausch hinaus auch noch die Kooperation bei herausfordernden Industrieprojekten umfasst, sowie die Auftragsforschung im Rahmen der Projekttätigkeit, die auch die wirtschaftliche Basis des Zentrums darstellt. Im Vollausbau soll die Mitarbeiterzahl auf 15 Vollzeitangestellte steigen, langfristig ist ein weiteres Wachstum auf 30 geplant. Das Innovationszentrum wird vorerst in unmittelbarer Nähe der Universität Klagenfurt – in der Universitätsstraße 102 – angesiedelt sein, im Juli 2020 zieht es in den Lakeside Park. Nach den nunmehr ausfinanzierten drei Anfangsjahren muss das Institut einen Teil seiner Kosten durch externe Aufträge selbst verdienen.
Herlitschka: Köpfe zusammenstecken

„Für uns ist es immer dasselbe Motto: Wir wollen das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Wir gestalten – wir werden nicht gestaltet“, schilderte Infineon-Chefin Herlitschka eindringlich ihre Beweggründe. Die derzeit am Standort Villach in Umsetzung befindliche Investition sei nicht nur die größte in Österreich, sondern in der Branche die größte in Europa. „Das soll selbstverständlich dem Unternehmen wirtschaftlich zugutekommen, aber auch – und das ist mir ein Anliegen – der Region.“ Ein Arbeitsplatz bei Infineon würde schon heute drei Arbeitsplätze im Umfeld bedeuten. Die Digitalisierung verbinde die analoge und die digitale Welt und schaffe große Mengen an Daten; um aus ihnen Nutzen zu ziehen, sei Künstliche Intelligenz vonnöten, auf der Grundlage der geeigneten Infrastruktur wie des Breitband-Internet. Herlitschka: „KI ist eine Schlüsseltechnologie und eine Chance für die ganze Region. Wir müssen die Köpfe zusammenstecken, damit wir die Innovationen umsetzen.“
Mandl: Schwellenängste nehmen

Denn genau diese Umsetzung ist aus Sicht von WK-Präsident Mandl zukunftsentscheidend für den Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten: „Wie schaffen wir es, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten? Von der Theorie in die unternehmerische Realität zu kommen? Die Schwellenängste zu nehmen?“ Mit der hochkompetitiven Kraft der Fraunhofer Ansiedlung habe der gesamte Kärntner Zentralraum an internationaler Sichtbarkeit gewonnen. Eine Position, die auch Mariana Kühnel, die stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich, teilt: „Es gibt keine App, die man herunterlädt – mit der Digitalisierung muss man sich laufend beschäftigen und sie in Umsätze ummünzen.“ Ein Ende dieses Transformationsprozesses ist für Kühnel nicht in Sicht: „In China wenden 85 Prozent der Unternehmen die Digitalisierung an, in den USA 50, in Österreich 13.“

 

Foto: WKK/Fritzpress