Im freien Fall
Die aktuelle Wirtschaftskrise ist wie der perfekte Fleck: Gekommen, um zu bleiben. Alle paar Monate rücken die Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und WIFO aus, um ihre voreiligen, von Zweckoptimismus getränkten Prognosen zurückzuschrauben. Aktuelle Korrektur: 2024 wird’s nichts mehr mit dem heiß ersehnten Aufschwung, dafür soll die Wirtschaft im nächsten Jahr um 1,5 Prozent wachsen. Alle Daten ohne Gewähr und bis auf Widerruf.
Noch genauer als die Wirtschaftsforscher ist seit Jahren das Stimmungsbarometer der Wirtschaftskammer, das auf das feine Sensorium von tausenden befragten Unternehmerinnen und Unternehmern vertraut. Aber auch die bei der Kärntner Investitions- und Konjunkturkonferenz kürzlich vorgestellten Erwartungen der Praktikerinnen und Praktiker geben wenig Anlass zur Hoffnung: Die Ergebnisse hinsichtlich Wirtschaftsklima, Auftragslage, Investitionen und Export sind zwar etwas besser als am absoluten Nullpunkt im vergangenen Dezember, aber immer noch ausgesprochen trüb.
Die Hartnäckigkeit der Krise ist umso ärgerlicher, als die Gründe hinlänglich bekannt sind. Die Kosten von Vorleistungen und Material, die hohen Löhne und Energiepreise fressen die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die überbordende Bürokratie verhindert verlässlich eine rasche Umstellung auf geänderte Rahmenbedingungen durch elendslange Behördenverfahren und vernichtet ohnehin knappe Personalressourcen durch entbehrliche Dokumentationspflichten und anderen Amtsschimmelschnickschnack.
Das führt zu der ausgesprochen bedrohlichen Situation, dass Österreich zwar den höchsten Rückgang bei den Bruttoanlageinvestitionen in der gesamten EU verzeichnet (-2,2 Prozent), aber gleichzeitig bei den Lohnstückkosten deutlich an der Spitze liegt. Und das sind keine theoretischen Haarspaltereien: Seit der KIKK im Dezember 2023 hat die Kärntner Wirtschaft 4000 Arbeitsplätze eingebüßt. Und die Arbeitslosigkeit steigt stetig.
Wer jetzt nach staatlichen Konjunkturmaßnahmen ruft, läuft allerdings Gefahr, die Rechnung ohne den Wirt zu machen: Die Kassen des Bundes sind leer, erst vor wenigen Tagen ist der blaue Brief aus Brüssel eingetroffen, weil das Budgetdefizit aus dem Ruder zu laufen droht. „In keinem EU-Land hat sich die inflationsbereinigte Wirtschaftsleistung pro Kopf seit 2019 schlechter entwickelt als in Österreich. Ende dieses Jahres wird dieser Wert nach aktuellen Prognosen um 1,7 Prozentpunkte unter das Vorkrisenniveau von 2019 gesunken sein. Das bedeutet den letzten Platz in der gesamten EU. Selbst einstige Krisenländer wie Griechenland, Portugal, Italien und Spanien wachsen stärker als Österreich“, analysiert „Agenda Austria“-Chef Franz Schellhorn schonungslos im „profil“.
In Kärnten ist die finanzielle Lage mittlerweile genauso schlimm. Fast 500 Millionen Euro neue Schulden drohen allein im heurigen Jahr, viele Gemeinden stehen vor der Pleite. Aber es hilft nichts: Um wieder auf die Beine zu kommen, braucht die Wirtschaft eine Bauoffensive, die den Namen auch verdient, und eine Investitionsprämie, damit die Betriebe wieder Vertrauen in den Standort fassen. Sollen Politik und Verwaltung doch ausnahmsweise einmal bei sich selber sparen, meint Ihre
Sylvia Gstättner