Umweltsünde Kassenbons: Wirtschaft will Bagatellgrenze
Verpflichtende Kassenbons verursachen Müllberge, die die Umwelt ebenso belasten wie Nerven und Budget der Geschäftsinhaber. Die Wirtschaft spricht von einem „Schildbürgerstreich“ und fordert eine Bagatellgrenze von 20 Euro.
Trotz der guten Entwicklung der Wirtschaft – Kärnten war in den Jahren 2017 und 2018 Wachstumssieger in Österreich, für 2020 sind die Erwartungen der Unternehmer überdurchschnittlich positiv – müsse der Reform- und Entlastungskurs entschlossen weiterverfolgt werden, erklärte heute Kärntens Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl bei einem Pressegespräch in einem Klagenfurter Innenstadtlokal. Eines der besten Beispiele dafür ist laut Mandl die Belegerteilungspflicht für jeden Barumsatz, unabhängig von der Höhe. „Das bedeutet: Ob Sie sich jetzt einen Lottoschein kaufen, einen Tee trinken oder zwei Semmeln beim Bäcker mitnehmen – in jedem Fall muss Ihnen ein Beleg übergeben und eine Durchschrift oder Kopie vom Unternehmer in die Buchhaltung übernommen und sieben Jahre aufbewahrt werden“, erklärte Mandl.
Trafiken: 160 Kilometer unnütze Belege pro Woche
Was da allein bei vier Tabaktrafiken innerhalb weniger Tage zusammenkommt, hatte Wolfgang Streißnig, Gremialobmann der Tabaktrafikanten, mitgebracht. „Diese Säcke voll unnützer Belege, die die Kunden nicht mitgenommen haben, sind vielleicht nicht besonders schwer, aber dennoch eine Belastung: Sie belasten den Unternehmer, der die Papierrollen kaufen muss, und sie belasten die Umwelt, wenn in Österreich pro Tag zig Tonnen an Belegen entsorgt werden müssen“, so Streißnig. Allein in vier Kärntner Tabakfachgeschäften seien in einer Woche 15.000 zurückgelassene Belege gesammelt worden. Streißnig: „Das sind aneinandergereiht 160 Kilometer Belege pro Woche, die gesondert entsorgt werden müssen – nachhaltig ist anders!“
Gastronomie: Bagatellgrenze spart 1,8 Millionen Belege
Diese Kritik unterstützt Stefan Sternad, Obmann der Fachgruppe Gastronomie. In Kärnten würden täglich knapp 90.000 Gäste in 3500 Gastronomiebetrieben bewirtet. Rund 70 Prozent der Konsumationen würde zwischen 15 und 20 Euro betragen. Sternad: „Wir Wirte müssen Unsummen an Kosten für Geräte und Papierrollen stemmen, den Müll entsorgen – und dafür Zeit aufwenden, die wir für unsere Gäste besser verwenden könnten. Ein Schildbürgerstreich!“ Durch den Wegfall von Belegen unter der 20-Euro-Wertgrenze könnten alleine in Kärnten mindestens 1,8 Millionen Papierbelege eingespart werden.
Keine Steuernachteile
Wie Sternad betonte, habe man im benachbarten Ausland längst erkannt, dass es sich bei der generellen Belegerteilungspflicht um Zeit- und Geldverschwendung handelt. So erwäge man in Deutschland die Einführung einer Bagatellgrenze von 10 Euro, in Frankreich werde die aktuelle Bagatellgrenze von 10 Euro in den nächsten beiden Jahren schrittweise auf 30 Euro erhöht. Sternad: „Das bedeutet, für Konsumationen, die unter dieser Bagatellgrenze liegen, muss kein Beleg ausgestellt werden. Dem Gesetzgeber entsteht dadurch übrigens kein Nachteil: Eine finanztechnische Kontrolle funktioniert durch die digitale verschlüsselte Speicherung auch ohne Papierbeleg!“
Wirtschaft fordert Bagatellgrenze
Präsident Mandl fordert daher namens der Kärntner Wirtschaft die umgehende Einführung einer Bagatellgrenze bei der Belegerteilungspflicht: „Unsere Experten schätzen, dass man bei einer Freigrenze von 20 Euro 70 bis 80 Prozent der Kassenbons einsparen kann. Das nützt den Unternehmern, das nützt der Umwelt.“ Das deutsche Bäckerhandwerk habe vorgerechnet, dass allein bei den Bäckern fünf Milliarden Kassenbons pro Jahr anfallen, das entspreche dem 25-fachen Erdumfang oder der zweieinhalbfachen Wegstrecke von der Erde zum Mond. Mandl: „Und das Unsinnigste ist, dass die meisten Kassenbelege auf Thermopapier gedruckt werden und damit nachweisbar umweltschädlich sind: Sie dürfen daher nicht einmal ins Altpapier, wo sie recycelt würden, sondern müssen als Restmüll entsorgt werden.“
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